Wenn neben einer Grunderkrankung wie Migräne eine zusätzliche Erkrankung auftritt, spricht man von sogenannten Begleiterkrankungen, die in der medizinischen Fachsprache als Komorbiditäten bezeichnet werden. Eine häufige Komorbidität bei Migräne ist die Depression.01 Welches Krankheitsbild schwerer wiegt, wird in diesen Fällen von den Betroffenen sehr unterschiedlich erlebt. Häufig ist eine wechselseitige Verstärkung zu beobachten.
Der genaue Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen ist Gegenstand intensiver Forschung. Es wird vermutet, dass gemeinsame pathophysiologische Mechanismen, einschließlich biologischer und psychologischer Aspekte, sowie genetische Veranlagungen und Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Sowohl bei einer Depression als auch bei Migräne scheint ein Ungleichgewicht der Nervenübertragungsstoffe Noradrenalin und Serotonin im Gehirn beteiligt zu sein. Es ist mittlerweile bekannt, dass sich Migräne und Depression gegenseitig beeinflussen können: Eine Depression erhöht das Risiko für Migräne, und umgekehrt erhöht eine Migräne das Risiko für die Entwicklung einer Depression.02 Eine Depression kann auch die Wirksamkeit der Migränebehandlung beeinträchtigen.03 Migränepatientinnen und -patienten mit Depression haben zudem ein höheres Risiko für eine Chronifizierung ihrer Migräne.01
Eine Depression ist eine psychische Störung, die durch einen Zustand deutlich gedrückter Stimmung, Interesselosigkeit und Antriebsminderung über einen längeren Zeitraum gekennzeichnet sind. Diese Symptome gehen oft mit einer Vielzahl körperlicher Beschwerden einher. Depressive Menschen erfahren in der Regel erhebliche Beeinträchtigungen in ihrem täglichen Leben. Sie haben Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, leiden unter starken Selbstzweifeln, Konzentrationsstörungen, Grübeln sowie Schlaf- und Appetitstörungen. Depressionen führen zu einem beträchtlichen Leidensdruck, da sie das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl der Betroffenen stark beeinträchtigen können.04 Die psychische Erkrankung tritt weltweit sehr häufig auf. Schätzungen zufolge erkranken im Laufe ihres Lebens 16 bis 20 von 100 Menschen daran.05
Eine Depression kann sich durch vielfältige Symptome äußern.
Zu den häufigsten gehören u. a.:06
Heutzutage stehen für die Behandlung von Migräne und Depression sowohl gute und effektive medikamentöse als auch nicht-medikamentöse und psychotherapeutische Therapieansätze zur Verfügung. Betroffene sollten sich in fachärztliche Betreuung begeben, damit gezielt geeignete Therapien ausgewählt und Behandlungsmaßnahmen gegebenenfalls auf beide Erkrankungen abgestimmt werden können. Bei Betroffenen, die unter häufigen Migräneattacken oder ausgeprägten Beschwerden oder anhaltender Aura leiden, sollten neben präventiven Maßnahmen wie Aufklärung und Verhaltensanpassungen auch durch eine Neurologin oder Neurologe geprüft werden, ob eine medikamentöse Migräneprophylaxe sinnvoll sein kann.07
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